Erbschleicher: Schutz durch Betreuungsverfügung und Berliner Testament. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Erbschleicher: Schutz durch Betreuungsverfügung und Berliner Testament
1. Erbschleicher werden immer dreister!
Erbschleicherfälle nehmen zu. Immer öfter werden Angehörige durch Erbschleicher von ihren alleinstehenden Verwandten, manchmal sogar von den eigenen Eltern, ferngehalten und diese isoliert. Wenn dann das Testament eröffnet wird, ist die Überraschung groß. Frühere Testamente, in denen die Verwandten, Nichten, Neffen, Großscousins als Erben eingesetzt waren, sind widerrufen und die Pflegeperson oder nahe Verwandte der Pflegeperson zu Erben eingesetzt. Während für Pflegeheime im Grundsatz ein Erbverbot besteht, ist dies im privaten Bereich nicht der Fall. Die Testamente wurden oft kurz vor dem Tod erstellt. Ein Notar noch schnell ans Sterbebett gerufen, der das Testament evtl. nach den Angaben der Pflegeperson gutgläubig vorfertigt. Waren die Erbschleicher zeitiger dran und bringen sie das Erbopfer dazu ein Testament zu schreiben, müssen die benachteiligten Verwandten nachweisen, dass im Zeitpunkt der Testamentserrichtung Testierunfähigkeit bestand, um evtl. die gesetzliche Erbfolge zu retten. Das ist nur mittels Sachverständigengutachten möglich. Wer einen anderen durch Drohung oder List dazu bringt, ein Testament zu errichten oder zu vernichten, ist erbunwürdig. Hier stellt sich aber die Frage, wie solche Mutmaßungen bewiesen werden können. Wenn Sie Fragen zum Erbrecht oder zur Erbschleicherei haben, so wenden Sie sich bitte an uns. Oft schon kann im Rahmen einer kostengünstigen Erstberatung die Rechtslage geklärt und aufgezeigt werden, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt.
Interessante Links zum Thema:
Buchtipp: Willenlos, wehrlos, abgezockt: Erbschleicherei http://www.amazon.de/Willenlos-Erbschleicherei-Maria-Bernadette-Brommer/dp/3831615179/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1380631350&sr=1-1
ZEIT-online zum Thema Erbschleicherei: Der Notar kommt noch schnell ins Krankenhaus http://www.zeit.de/2011/46/WOS-Erbschleicherei
2. Frage: Schützt das Heimgesetz vor Erbschleicherei?
Heimträger (Altenhospiz, Pflegeheim, Heime für psychisch Kranke, Sterbehospize, betreutes Wohnen) und das dort beschäftigte Personal, dürfen sich kein Geld oder geldwerte Leistungen über das Heimentgelt hinaus versprechen oder gewähren lassen.
Schwachpunkte:
§ 14 HeimG gilt nicht
- wenn der Betreffende in einem Testament als Erbe eingesetzt wird, von dem er nichts weiß.
- bei Familienbetreuung
- bei Wohngemeinschaften
- bei Tageseinrichtungen
- bei Krankenhäusern
- Heimen, außerhalb von Deutschland (z.B. Tschechien, Polen, Spanien)
- bei ambulanten Pflegediensten
- privaten Pflegeverträgen
- Betreuer (Rechtsbetreuer, vom Betreuungsgericht eingesetzt)
Heimgesetz (HeimG)
§ 14 Leistungen an Träger und Beschäftigte
Heimgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2970), das zuletzt durch Artikel 3 Satz 2 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2319) geändert worden ist
(1)
Dem Träger ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern oder den Bewerberinnen und Bewerbern um einen Heimplatz Geld- oder geldwerte Leistungen über das nach § 5 vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.
(2)
Dies gilt nicht, wenn
1.
andere als die in § 5 aufgeführten Leistungen des Trägers abgegolten werden,
2.
geringwertige Aufmerksamkeiten versprochen oder gewährt werden,
3.
Leistungen im Hinblick auf die Überlassung eines Heimplatzes zum Bau, zum Erwerb, zur Instandsetzung, zur Ausstattung oder zum Betrieb des Heims versprochen oder gewährt werden,
4.
(weggefallen)
(3)
Leistungen im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 sind zurückzugewähren, soweit sie nicht mit dem Entgelt verrechnet worden sind. Sie sind vom Zeitpunkt ihrer Gewährung an mit mindestens 4 vom Hundert für das Jahr zu verzinsen, soweit der Vorteil der Kapitalnutzung bei der Bemessung des Entgelts nicht berücksichtigt worden ist. Die Verzinsung oder der Vorteil der Kapitalnutzung bei der Bemessung des Entgelts sind der Bewohnerin oder dem Bewohner gegenüber durch jährliche Abrechnungen nachzuweisen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Leistungen, die von oder zugunsten von Bewerberinnen und Bewerbern erbracht worden sind.
(4)
(weggefallen)
(5)
Der Leitung, den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Heims ist es untersagt, sich von oder zugunsten von Bewohnerinnen und Bewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung Geld- oder geldwerte Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren zu lassen. Dies gilt nicht, soweit es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt.
(6)
Die zuständige Behörde kann in Einzelfällen Ausnahmen von den Verboten der Absätze 1 und 5 zulassen, soweit der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner die Aufrechterhaltung der Verbote nicht erfordert und die Leistungen noch nicht versprochen oder gewährt worden sind.(7)(weggefallen)
(8)
(weggefallen)
3. Wie kann ich mich davor schützen, dass mein Sohne mittels der Vorsorgevollmacht sich schon zu meinen Lebzeiten, z.B. wenn ich dement bin, mein Vermögen „erschleicht“?
Durch eine Betreuungsverfügung. Dann steht der Sohn als Betreuer unter der Kontrolle des Betreuungsgerichts. Gerade die Erbschleicherei wird zu einer Renaissance der Betreuungsverfügung führen. Sie wurde – zunächst in den 90er Jahren von den Politikern hochgelobt – von den Vorsorgevollmachten verdrängt, die ab ca. 2000 in einer Kehrtwende wegen der hohen Betreuungskosten „als besser als die Betreuung“ propagiert wurden.
Denkbar ist auch die Einsetzung eines Kontrollbevollmächtigten in der Vorsorgevollmacht, falls das Betreuungsgericht außen vor bleiben soll.
Ein anderes Mittel wäre die Bestellung mehrerer Bevollmächtigter oder das Recht zum Widerruf der Vollmacht für einen Dritten.